Vor vielen Jahren sagte einmal jemand zu mir, dass man ab 40 für seinen Gesichtsausdruck selbst verantwortlich ist. Dieser Satz prägte sich mir tief ein. 

Deutschland ist dafür bekannt nicht gerade mit Lebensfreude und Fröhlichkeit zu glänzen, German Angst und unsere verschlossenen Herzen sind weltweit bekannt. Die Angst, die Frustration und das Unvermögen die eigenen Prozesse zu reflektieren, zu kontrollieren und die Kommunikation entsprechend anzupassen, springt bei manchen Menschen aus jedem LinkedIn Kommentar.

Wer als Führungskraft wirklich erfolgreich sein will, d.h. Menschen so führen will, dass sie freiwillig an einem gemeinsamen Ziel motiviert mitarbeiten, darf emotionale Intelligenz und Kommunikation zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben der eigene Persönlichkeit machen. 

Aber was braucht es noch? 

Die Rolle der Führungskraft gehört zweifellos zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der heutigen Arbeitswelt. Neben Fachwissen sind bestimmte persönliche Kompetenzen unerlässlich, um nicht nur die täglichen Herausforderungen zu meistern, sondern auch eine inspirierende und nachhaltige Unternehmenskultur zu schaffen. In diesem Artikel werden die fünf wichtigsten Eigenschaften beleuchtet, die eine erfolgreiche Führungskraft auszeichnen. Diese Eigenschaften sind nicht nur durch psychologische Theorien, sondern auch durch aktuelle Forschungsergebnisse als entscheidend belegt.

1. Emotionale Intelligenz

Emotionale Intelligenz (EI) bezieht sich auf die Fähigkeit, eigene Emotionen sowie die Emotionen anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und angemessen zu regulieren. Daniel Goleman (1995) gilt als einer der prominentesten Vertreter dieses Konzepts und hat gezeigt, dass EI ein Schlüsselfaktor für Führungserfolg ist. Eine Metaanalyse von Joseph et al. (2015) bestätigt, dass emotionale Intelligenz einen erheblichen Einfluss auf die Teamleistung hat. Empathische Führungskräfte, die auf die Gefühle ihrer Mitarbeitenden eingehen und die Bedürfnisse des Teams verstehen, schaffen eine vertrauensvolle und motivierende Arbeitsumgebung.

Emotionale Intelligenz ermöglicht es Führungskräften, zwischenmenschliche Dynamiken besser zu verstehen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und eine lösungsorientierte Kommunikation zu fördern. Dies trägt nicht nur zur Steigerung der Teamproduktivität bei, sondern unterstützt auch den Aufbau einer positiven Unternehmenskultur, in der sich die Mitarbeitenden sicher und wertgeschätzt fühlen.

Ein wesentlicher Aspekt der emotionalen Intelligenz ist die Selbstregulation. Sie befähigt Führungskräfte, in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren, statt reaktiv zu handeln. Dadurch können Entscheidungen bedachter getroffen und Konflikte konstruktiv gelöst werden. Selbstregulation bedeutet auch, die eigenen Grenzen zu erkennen und proaktiv gegen Stress vorzubeugen – dies ist eine unverzichtbare Grundlage für eine stabile und nachhaltige Führung.

2. Entscheidungsfähigkeit

Führungskräfte sind täglich gefordert, bedeutende Entscheidungen zu treffen, die sowohl die Gegenwart als auch die Zukunft des Unternehmens betreffen. Die klassische Studie von Tannenbaum und Schmidt (1958) zeigt, dass erfolgreiche Führungskräfte Entscheidungen treffen, die sowohl schnell als auch fundiert sind. Entscheidungsfähigkeit beinhaltet die Fähigkeit, Informationen effektiv zu analysieren, Risiken abzuschätzen und entschlossen zu handeln. Eine Führungskraft, die Vertrauen in die eigene Urteilskraft hat und die Risiken in den richtigen Kontext setzt, vermittelt ihrem Team Sicherheit.

Entscheidungen sind jedoch nicht nur eine Frage der Geschwindigkeit. Sie sollten auch klar kommuniziert werden, sodass das gesamte Team versteht, welche Konsequenzen sich daraus ergeben und welche Maßnahmen ergriffen werden. Transparenz schafft Vertrauen und trägt dazu bei, dass sich die Mitarbeitenden stärker mit der Unternehmensstrategie identifizieren.

Ein entscheidungsfreudiger Führungsstil fördert die Eigenverantwortung der Teammitglieder. Mitarbeitende, die selbstständig Entscheidungen treffen dürfen, entwickeln ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl und eine höhere Motivation. Dies stärkt nicht nur die Effizienz, sondern verbessert auch die Problemlösungsfähigkeit des gesamten Teams. In Krisensituationen zeigt sich die Bedeutung der Entscheidungsfähigkeit besonders – eine klare, zielgerichtete Führung ist dann unerlässlich.

3. Kommunikationsfähigkeit

Eine erfolgreiche Führungskraft muss in der Lage sein, komplexe Sachverhalte klar und verständlich zu kommunizieren. Dabei ist nicht nur die Übermittlung von Informationen wichtig, sondern auch das aktive Zuhören. Laut der Studie von Men (2014) erhöht eine offene und transparente Kommunikation die Loyalität und das Engagement der Mitarbeitenden erheblich. Führungskräfte, die in der Lage sind, Erwartungen, Ziele und Visionen verständlich zu vermitteln, tragen entscheidend zur Effektivität und Zufriedenheit ihres Teams bei.

Doch Kommunikation bedeutet nicht nur Senden, sondern auch Empfangen. Gute Führungskräfte hören aktiv zu und zeigen echtes Interesse an den Anliegen ihrer Teammitglieder. Durch aktives Zuhören können sie Herausforderungen frühzeitig identifizieren und die Dynamik innerhalb des Teams besser verstehen. Die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu hören, ermöglicht es ihnen, emotionale Stimmungen aufzufangen und entsprechend zu reagieren.

Eine weitere Facette der Kommunikationsfähigkeit ist die Anpassung an unterschiedliche Kommunikationsstile. Jeder Mensch hat eigene Präferenzen, wie er Informationen aufnimmt und verarbeitet. Erfolgreiche Führungskräfte sind in der Lage, ihre Botschaften je nach Zielgruppe anzupassen. Diese Fähigkeit verbessert nicht nur die Verständlichkeit, sondern erhöht auch die Akzeptanz und die Bereitschaft der Mitarbeitenden, Verantwortung zu übernehmen.

4. Anpassungsfähigkeit

Unsere Welt wird immer mehr von rasanten Veränderungen geprägt. Anpassungsfähigkeit ist daher ohne Zweifel eine essenzielle Eigenschaft von Führungskräften. Eine Studie von Yukl und Mahsud (2010) zeigt, dass flexible Führungskräfte langfristig erfolgreicher sind, da sie in der Lage sind, auf unvorhergesehene Herausforderungen zu reagieren und ihre Strategien entsprechend anzupassen. Anpassungsfähigkeit bedeutet, bereit zu sein, eingefahrene Wege zu verlassen und kreative Lösungen zu finden.

Krisen wie die COVID-19-Pandemie haben verdeutlicht, wie wichtig es ist, auf Veränderungen flexibel reagieren zu können. Anpassungsfähige Führungskräfte erkennen die Chancen, die in jeder Veränderung liegen, und motivieren ihre Teams dazu, positiv mit Veränderungen umzugehen. Diese positive Einstellung hilft, Ängste und Unsicherheiten abzubauen und eine zukunftsgerichtete Denkweise zu etablieren.

Anpassungsfähigkeit betrifft jedoch nicht nur die Bereitschaft, auf externe Veränderungen zu reagieren, sondern auch die Fähigkeit, den eigenen Führungsstil situativ anzupassen. Unterschiedliche Situationen und Teamkonstellationen erfordern unterschiedliche Ansätze. Eine adaptive Führungskraft ist in der Lage, ihre Methoden den Bedürfnissen der Mitarbeitenden und den jeweiligen Rahmenbedingungen anzupassen. Dadurch entsteht eine Arbeitsumgebung, in der sich Mitarbeitende sicher und unterstützt fühlen, was wiederum Kreativität und Leistung steigert.

5. Integrität

Integrität ist das moralische Fundament einer jeden Führungskraft. Brown und Treviño (2006) haben gezeigt, dass ethische Führung einen direkten Einfluss auf die Loyalität und das Engagement der Mitarbeitenden hat. Führungskräfte, die Integrität vorleben, stärken das Vertrauen innerhalb des Teams und setzen einen hohen Maßstab für moralisches Verhalten. Dieses Vertrauen ist entscheidend für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit.

Integrität bedeutet, nicht nur Versprechen einzuhalten, sondern auch Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Eine authentische Führungskraft handelt im Einklang mit ihren Werten und Prinzipien. Sie behandelt ihre Mitarbeitenden fair und setzt klare, ethische Maßstäbe für ihr Handeln. Diese Authentizität sorgt dafür, dass Mitarbeitende sich sicher und wertgeschätzt fühlen, was ihre Bereitschaft fördert, sich voll zu engagieren.

Führungskräfte, die Fehler eingestehen und transparent damit umgehen, schaffen eine Kultur des Lernens. Fehler werden als Chance zur Verbesserung angesehen und nicht als etwas, das es zu verstecken gilt. Diese Offenheit fördert Innovation und ermutigt Mitarbeitende, Risiken einzugehen und kreative Lösungen zu entwickeln. Integrität ist somit nicht nur ein persönlicher Wert, sondern auch eine Voraussetzung für die Schaffung einer Kultur, in der Mitarbeitende ihr Potenzial voll entfalten können.

Fazit: Der Schlüssel zur erfolgreichen Führung

Führung ist eine anspruchsvolle und dynamische Aufgabe, die weit über fachliches Know-how hinausgeht. Erfolgreiche Führungskräfte zeichnen sich durch emotionale Intelligenz, Entscheidungsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Integrität aus. Diese fünf Eigenschaften bilden die Grundlage für eine wirkungsvolle Führung, die nicht nur kurzfristige Erfolge ermöglicht, sondern auch eine langfristig positive und nachhaltige Unternehmenskultur schafft.

Reflektieren Sie, welche dieser Eigenschaften Sie bereits in sich tragen und wo Sie noch Potenzial zur Weiterentwicklung sehen. Führung ist ein stetiger Lernprozess – und das Gute daran ist: Alle genannten Fähigkeiten lassen sich trainieren und verbessern. Vielleicht ist es an der Zeit, sich bewusst mit einer dieser Qualitäten auseinanderzusetzen und den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen.

Erfolgreiche Führung bedeutet nicht, alles selbst zu machen oder jeden Schritt zu kontrollieren. Es bedeutet vielmehr, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende sicher und befähigt fühlen, Verantwortung zu übernehmen und ihre Stärken voll auszuschöpfen. Der Weg zur erfolgreichen Führung beginnt mit der eigenen Weiterentwicklung – welchen Schritt möchten Sie als nächstes gehen?

Quellen

  • Goleman, D. (1995). Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ. Bantam Books.
  • Joseph, D. L., Jin, J., Newman, D. A., & O’Boyle, E. H. (2015). Why Does Self-Reported Emotional Intelligence Predict Job Performance? A Meta-Analytic Investigation of Mixed EI. Journal of Applied Psychology, 100(2), 298-342.
  • Tannenbaum, R., & Schmidt, W. H. (1958). How to Choose a Leadership Pattern. Harvard Business Review, 36(2), 95-101.
  • Men, L. R. (2014). Strategic Internal Communication: Transformational Leadership, Communication Channels, and Employee Satisfaction. Management Communication Quarterly, 28(2), 264-284.
  • Yukl, G., & Mahsud, R. (2010). Why Flexible and Adaptive Leadership is Essential. Consulting Psychology Journal: Practice and Research, 62(2), 81-93.
  • Brown, M. E., & Treviño, L. K. (2006). Ethical Leadership: A Review and Future Directions. The Leadership Quarterly, 17(6), 595-616.

About

Nadja Teege

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